Politiker, Bürgermeister von Wien, Bundespräsident
* 29.09.1899 in Floridsdorf
† 24.04.1974 in Wien
Franz Jonas wurde am 29. September 1899 in Floridsdorf geboren. Die Eingemeindung der Großgemeinde Floridsdorf in die Stadt Wien erfolgte am 10. Jänner 1905. Aus der Geburtsurkunde ging das Geburtsdatum 4. Oktober 1899 hervor. Da war wohl ein Fehler passiert, seine Mutter wusste schließlich am Besten, dass er am 29. September 1899 geboren worden war. Franz Jonas feierte seinen Geburtstag jedoch stets am 4. Oktober.
Er war der Sohn eines Floridsdorfer Hilfsarbeiters. Er besuchte die Bürgerschule. Danach erlernte er das Buchdruckergewerbe, konnte die Lehre jedoch nicht abschließen, weil er zum Militär einrücken musste.
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Nach dem Ersten Weltkrieg diente er in der Volkswehr und nahm am Kärntner Abwehrkampf teil. In den Jahren 1919 bis 1932 arbeitete Jonas als Schriftsetzer, zuletzt als Korrektor. Franz Jonas galt zu dieser Zeit als Vertrauensmann der Buchdruckergewerkschaft und war Funktionär in der sozialdemokratischen Jugendbewegung, später in der Sozialdemokratischen Partei. 1930 absolvierte Jonas die Arbeiterhochschule in Döbling. 1933 wurde er Bezirkssekretär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in seinem Heimatbezirk Floridsdorf.
Wie viele seiner Gesinnungsfreunde war Franz Jonas als Sekretär der Floridsdorfer Bezirksparteileitung gezwungen, im Februar 1934 in die Tschechoslowakei zu emigrieren. Er kehrte bereits im Juli dieses Jahres nach Wien zurück, um dort die illegale Arbeit aufzunehmen.
Wegen Teilnahme an der illegalen Brünner Reichskonferenz der Revolutionären Sozialisten wurde er im Jänner 1935 verhaftet und im berüchtigten RS-Prozess gemeinsam mit Bruno Kreisky und anderen prominenten Sozialdemokraten angeklagt. Mangels ausreichenden Beweismaterials musste er zwar freigesprochen werden, befand sich aber bis Ende März 1936 14 Monate in Haft.
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Franz Jonas arbeitete in den folgenden Jahren in der Floridsdorfer Lokomotivfabrik. Seine Arbeit wurde als “kriegswichtig” eingestuft, sodass er nicht einrücken musste.
Im April 1945 wurde der gebürtige Floridsdorfer Franz Jonas in die provisorische Gemeindeverwaltung des 21. Bezirks berufen. Durch die kriegsbedingte Zerstörung der Donaubrücken war Floridsdorf praktisch vom Rest der Stadt abgeschnitten und musste autark agieren. Ein Jahr später wurde Jonas von Bürgermeister Körner zum Bezirksvorsteher bestellt. Mit viel Geschick und noch mehr Organisationstalent baute Jonas im vom Krieg stark in Mitleidenschaft gezogenen und von den Russen besetzen Floridsdorf wieder eine Verwaltung auf. Jonas blieb bis 1948 Bezirksvorsteher von Floridsdorf. Im Juni 1948 übernahm er die wahrscheinlich schwierigste Aufgabe im hungernden Wien und wurde Amtsführender Stadtrat für das Ernährungswesen.
Nach dem Tod von Franz Novy wurde Franz Jonas zum amtsführenden Stadtrat für Bauangelegenheiten gewählt sowie am 5. Dezember 1949 in den Gemeinderat bestellt. Er nahm ein umfangreiches Wohnbauprogramm in Angriff.
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Nach der Wahl Bürgermeister Theodor Körners zum Bundespräsidenten wählte der Gemeinderat am 22. Juni 1951 Jonas zum Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien. In seiner Amtszeit schrumpfte Wien, weil während der NS-Zeit eingegliederte Gemeinden wieder zu Niederösterreich kamen. Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrages endete die Besatzungszeit. Der Wohnungsbau erlebte schnell einen immensen Aufschwung. Bereits 1956 erfolgte die Grundsteinlegung für die 50.000 Wohnung.
Franz Jonas übte dieses Amt 14 Jahre lang aus, länger als irgend ein anderer demokratisch gewählter Bürgermeister vor ihm. Zudem war er von 1949 bis 1965 Gemeinderat, von 1952 bis 1953 Mitglied des Bundesrates, von 1953 bis 1965 Abgeordneter zum Nationalrat, von 1945 bis 1949 stellvertretender Obmann und von 1949 bis 1964 Obmann der Wiener SPÖ.
Die internationale Bedeutung von Wien stieg in seiner Ära als Bürgermeister merkbar an; es gelang ihm auch, internationale Organisationen nach Wien zu bringen (Internationale Atomenergie-Organisation [IAEO] 1956). 1959 nahm Jonas für die Stadt Wien den Europa-Preis des Europarats entgegen.
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Nach dem Tod von Adolf Schärf trat Franz Jonas als Kandidat der SPÖ gegen Altbundeskanzler Alfons Gorbach am 1. Juni 1965 bei der Wahl zum Bundespräsidenten an. Jonas gewann mit einem Stimmenanteil von 50,7 Prozent. Am 25.4.1971 wurde er mit 52,8% der Stimmen gegen den ÖVP-Kandidaten Kurt Waldheim wiedergewählt. In diesem höchsten Staatsamt war Jonas stets um einen verantwortungsbewussten Interessensausgleich zwischen den demokratischen Parteien bemüht.
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Eine Besonderheit im Leben von Franz Jonas besteht darin, dass er sich sehr der “Welthilfssprache” Esperanto widmete, und sich diesbezüglich engagierte. Franz Jonas hatte die von Ludwig Zamenhof initiierte Plansprache schon im Jahr 1922 im Österreichischen Arbeiter-Esperanto-Bund kennengelernt. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Grete hatte er damals Kurse belegt. Das Prüfungszeugnis des "Lehrervereins Esperanto in Wien" vom 15. November 1923 belegt, dass er die Prüfung mit "sehr gutem Erfolge" abgelegt hat und "die Eignung besitzt, in der internationalen Hilfssprache Esperanto Unterricht zu erteilen".
Franz Jonas korrespondierte mit seiner Frau gerne auf Esperanto. Er war auch Redakteur der Esperanto-Zeitschrift "La Sozialisto" und warb als ehrenamtlicher Sekretär der Arbeiter-Esperanto-Bewegung viele neue Mitglieder an. Im Zuge der politischen Ereignisse wurde der Arbeiter-Esperanto-Bund 1934 aufgelöst. Während der NS-Herrschaft erlebte die Bewegung einen weiteren Rückschlag. Für Adolf Hitler war Esperanto eine "Judensprache".
Zwar konnte Esperanto nach 1945 nicht mehr an den vorherigen Aufschwung anknüpfen, jedoch hielt Franz Jonas dem "Band der großen Gemeinschaft" die Treue. Am 2. August 1970 eröffnete er als österreichischer Bundespräsident den 55. Esperanto-Weltkongress in Wien und hielt dabei die Ansprache in fließendem Esperanto.
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1958: Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland
1960: Großes Silbernes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich
1960: Bayerischer Verdienstorden
1961: Ehrenbürger der Stadt Wien (21. April)
1964: Ehrensenator der Technischen Hochschule Wien
1965: Ehrensenator der Universität Wien
1965: Groß-Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich
1966: Großkreuz des norwegischen Sankt-Olav-Ordens am Band
1968: Ehrenbürger der Stadt Steyr
1969: Pierre-de-Coubertin-Medaille
1970: Collane des Finnischen Ordens der Weißen Rose
1971: Großkreuz mit Großer Ordenskette des Verdienstordens der Italienischen Republik
1999: Benennung der ehemaligen tschechischen Bürgerschule in Jedlesee in Franz Jonas-Europaschule.
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Während seiner zweiten Amtsperiode als Bundespräsident starb Franz Jonas als bis dahin längst dienender Bundespräsident der Zweiten Republik am 24. April 1974 in einem Wiener Krankenhaus an den Folgen einer 1973 diagnostizierten Krebserkrankung. Er wurde in der Präsidentengruft auf dem Zentralfriedhof zur letzten Ruhe gebettet.
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